Gewichtsmenge und Wirkstoffmenge im Betäubungsmittelstrafrecht

Betäubungsmittelstrafrecht ist sogenanntes Mengenstrafrecht. Bei der Sachverhaltsbeurteilung und letztendlich bei der Frage nach der Strafzumessung kommt es vornehmlich darauf an, welche Menge (in Gramm bzw. Kilo) des jeweiligen Betäubungsmittel aufgefunden wurde. Es liegt auf der Hand, dass der oder diejenige die mit einem Joint, das ein Marihuana Tabak Gemisch enthält eine andere Straferwartung hat, als der oder diejenige, die ein Kilogramm Marihuana vorrätig hält.

Neben der Art des Betäubungsmittels und dem Wirkstoffgehalt spielt also auch die tatsächliche Menge des Betäubungsmittels eine wichtige Rolle bei der Strafzumessung.

Ich erinnere einen Fall, bei dem in der Garage des Mandanten rund 5 kg Amphetamin aufgefunden wurden. Der Mandant wurde umgehend in Untersuchungshaft genommen. Im Raum stand der Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringe Menge. Die Staatsanwaltschaft ging bei Fund der nicht unerheblichen Menge des Amphetamins davon aus, dass sich hier der Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge (die nicht geringe Menge liegt bei Amphetamin bei 10 g Amphetaminbase) bestätigen wird. Der Mandant befand sich also nun Untersuchungshaft und nach gut 6 Wochen lag das Wirkstoffgutachten vor. Ausweislich des Gutachtens hatte das sichergestellte Amphetamin eine Durchschnittsqualität von 1,2 %. Errechnet auf die Gesamtmenge von 5 kg ergab sich somit eine Amphetaminbase von 60 g. Die sogenannte nicht geringe Menge war damit (gerade einmal) um das 6fache überschritten. Bei der späteren Strafzumessung durch das Gericht wurde strafschärfend berücksichtigt, dass es sich immerhin um 5 kg Amphetamin handelte. Zu Gunsten des Mandanten konnte ins Feld geführt werden, dass die sogenannte nicht geringe Menge gerade einmal um das 6fache überschritten worden war und das Amphetamin von unterdurchschnittlicher Qualität war.

Nahezu umgekehrt verhält es sich in der Regel bei Cannabisprodukten. In den letzten Jahren hat der THC Gehalt von Marihuana enorm zugenommen. Selbst Standard, also Marihuana mittlerer Güte und damit auch mittleren Preises, hat mittlerweile im Bundesdurchschnitt einen THC Gehalt um die 10 %. Bei sogenanntem Haze, also hochpotentem sehr stark THC haltigem Marihuana, liegt der THC Gehalt oft bei mindestens 20 %. Mithin kann hier bei relativ überschaubaren Gewichtsmengen der Wirkstoffgehalt um ein vielfaches überschritten sein. In der Strafzumessung wird dann zwar berücksichtigt, dass es sich „nur“ um 500 g Marihuana handelt. Strafschärfend wird dann aber häufig das Vielfache überschreiten der nicht geringen Menge bewertet.

Wann wird ein Wirkstoffgutachten eingeholt?

Grundsätzlich wird dann ein Gutachtachten zur quantitativen Bestimmung des Wirkstoffgehaltes eingeholt, wenn Betäubungsmittel aufgefunden wurden. Es wird jedoch davon abgesehen, ein solches Gutachten einzuholen, wenn zu Gunsten des Betroffenen davon ausgegangen wird, dass die nicht geringe Menge nicht überschritten wird. Hierbei wird nicht auf die tatsächliche Gewichtsmenge abgestellt, sondern auf die Wirkstoffmenge.

Die Grenzwerte zur nicht geringen Menge bei den gängigsten Betäubungsmitteln betragen:

Amphetamin | die nicht geringe Menge liegt bei 10 g Amphetaminbase |

Methamphetamin | die nicht geringe Menge liegt bei 5 g Methamphetaminbase |

MDMA | die nicht geringe Menge liegt bei 30 g MDMA-Base |

Cannabisprodukte | die nicht geringe Menge liegt bei 7,5 g THC |

Heroin | die nicht geringe Menge liegt bei 1,5 g Heroinhydrochlorid |

Kokain | die nicht geringe Menge liegt bei 5 g Kokainhydrochlorid |

LSD | die nicht geringe Menge liegt bei 6 mg Wirkstoff |

Was passiert, wenn keine Betäubungsmittel sichergestellt wurden?

In vielen Fällen werden gar keine Betäubungsmittel sicherstellt. Welchen Wirkstoffgehalt legt das Gericht dann zu Grunde? Das Gericht hat zwingend Feststellungen zum Wirkstoffgehalt zu treffen. Können durch die Ermittlungsbehörden keine Drogen sichergestellt werden, mithin kein Gutachten eingeholt werden, so hat das Gericht die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt anderweitig zu treffen. Der Wirkstoffgehalt kann anhand weiterer Umstände geschätzt werden. Hierzu werden häufig der Angeklagte und / oder dessen Kunden nach der Qualität und zu Preisen und Herkunft der Betäubungsmittel befragt. Ob die Qualität immer gleich war oder ob es auch zu Beschwerden über die Qualität durch Abnehmer kam.

Es kann unter Umständen der Wirkstoffgehalt in Parallelverfahren oder abgetrennten Verfahren zu Grunde gelegt werden.

Für die Frage, mit welcher Strafe Sie bei einem Verstoß gegen das BtMG zu rechnen haben, spielen also Gewichtsmenge und vor allem Wirkstoffmenge eine erhebliche Rolle.