45 Kilo Drogen und Freispruch nach zwei Aufhebungen und Zurückverweisungen durch den Bundesgerichtshof
Landgericht Kempten im Allgäu. Das Allgäu ist wirklich eine der landschaftlich schönsten Regionen in Deutschland. Geboren in München habe ich eine besondere Verbundenheit mit Bayern und verteidige Verfahren wegen des Verstoßes gegen das BtMG dort häufig und sehr gerne. In Bayern BtM-Verfahren zu verteidigen kann man nur dann ertragen, wenn man sich am Abend vor oder nach dem Prozess mit einem Schweinebraten mit Knödeln verwöhnt. Ein Ritual, dass ich stets beibehalten habe.
Der Mandant war angeklagt, von einer Bande aus NRW, Drogenpakete bestellt und per DHL geliefert bekommen zu haben. Diese Drogenpakte sollen sodann an die Firmenadresse der Firma, bei der er beschäftigt gewesen ist, ausgeliefert worden sein. Im Grunde genommen hatte man hierfür keine Beweise, sondern nur einige wenige Indizien, die aber auch nicht tauglich waren, eine Täterschaft zu begründen. Somit war ein Freispruch vorprogrammiert, aber es sollte zunächst anders kommen.
Zweimal BGH und zurück
In der „ersten Runde“ wurde der Mandant 3 Tage vor Weihnachten zu 4 ½ Jahre Freiheitsstrafe verurteilt und es wurde ein Sitzungshaftbefehl erlassen. Eine Haftbeschwerde zum OLG München durch die Verteidigung hatte Erfolg und somit konnte der Mandant die JVA wieder verlassen.
Auf die Revision der Verteidigung hin, hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Kempten im Allgäu aufgehoben und zur Neuverhandlung an eine andere Kammer zurückverwiesen.
Hierbei wurde die Aufhebung des Urteils durch Beschluss des BGH in erster Linie darauf gestützt, dass eine zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und dem Gericht nicht zustande gekommene Verfahrensabsprache, nicht ordnungsgemäß der Öffentlichkeit berichtet bzw. protokolliert wurde.
Nach der Urteilsaufhebung ging es sodann in die „zweite Runde“. Nach vielen Verhandlungstagen kam nunmehr das Landgericht zu dem Ergebnis, der Mandant müsse 3 Jahre für die angeklagten Taten in Haft. Hierbei war die Urteilsbegründung bemerkenswert. Das Gericht hatte nunmehr einen Tatablauf konstruiert, welcher, auch aus Laiensicht, nicht mehr in Identität mit dem angeklagten Sachverhalt zu bringen war. Man merkte, dass das Landgericht schlichtweg nicht bereit war der Tatsache ins Auge zu sehen, dass der Mandant freizusprechen war.
Der Bundesgerichtshof hob auch dieses Urteil des Landgerichts Kempten im Allgäu auf. Hierbei ist bemerkenswert, dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich die Beweiswürdigung des Landgerichts rügte, was in der Praxis eher selten vorkommt. Der BGH fand deutliche Worte.
Die „dritte Runde“ dauerte nur einen Verhandlungstag. Sogar die Staatsanwaltschaft beantragte den Freispruch in Bezug auf das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Der Kampf hat insgesamt gut 5 Jahre gedauert und hat sich gelohnt. Ich habe am Landgericht Kempten im Allgäu zu allen Jahreszeiten verhandelt (im Schneetreiben angereist und auch einmal im Hochsommer) und habe jeden Prozesstag für den Mandanten gekämpft.
Unstreitig ist dies eines der erfolgreichsten Verfahren meiner Karriere und ein Beweis für die Tatsache, dass man keine Angst vor BtM – Verfahren in Bayern haben sollte. Der berichtige Freispruch war hart umkämpft und ein absoluter Arbeitserfolg.
Ein Richter, der im Übrigen psilocybinhaltige Pilze als „Schwammerl“ bezeichnet, muss sich auch einen Schlaumeier – BtM – Strafverteidiger aus NRW gefallen lassen, der ihn eines Besseren belehrt. Nicht nur in Bezug auf BtM und Pilze, sondern auch, was der Begriff „in dubio pro reo“ bedeutet.